Pfeiffer Marine vom Bodensee ist seit fünfzig Jahren tätig. Solide Beschläge aus Aluminium sind die Kernkompetenz, Verlässlichkeit das Credo. Ein Firmenbesuch
Eau de Toilette und Traveller haben ein Detail gemeinsam. Zumindest, wenn die Traveller-Beschläge von Pfeiffer Marine stammen, einem Traditionsbetrieb in Moos am Bodensee. Sowohl die Parfum-Flacons als auch die Lager in den Travellerschlitten für die Großschotblöcke besitzen präzise produzierte Kugeln. In den Kugellagern von üblichen Yachtblöcken laufen solche aus Delrin oder Torlon, bei Pfeiffer Marine bestehen sie aus Edelstahl, wie sie auch „No. 5“ von Chanel zerstäuben. Seit bald fünfzig Jahren gibt es diese Eigenheit, vor einem halben Jahrhundert startete der Beschläge-Hersteller am See.
Meinrad Hiller, 59 Jahre alt, seit 29 Jahren bei Pfeiffer Marine, ist Gesicht und gute Seele des Vorzeigebetriebs. Zunächst 14 Jahre als Vertriebsleiter tätig, kennt er die meisten Kunden, seitdem ist er Geschäftsführer, seit einigen Jahren zusammen mit Philipp Pfeiffer, der stammt aus den Investorenfamilien. Beim Gang durch den vor vier Jahren bezogenen Neubau erzählt Meinrad Hiller aus der Unternehmensgeschichte.
„1972 hatte Werner Redlinger aus Radolfzell die Idee, seinen Kontakt zu niederländischen Herstellern von Bootsbeschlägen aus Aluminium zu nutzen und sie in Deutschland zu fertigen“, erzählt er vom Beginn des Unternehmens. Seinerzeit firmierte es als „Pfeiffer Gerätebau GmbH“ mit Sitz in Radolfzell, residierte in einem Langbau im zu jener Zeit noch reichlich verschlafen wirkenden Ort am Untersee, eine knappe Seemeile gegenüber dem heutigen Standort Moos. 2000 gab es die Umbenennung, 2018 folgte der Umzug. Damals kannten vier Pfeiffer-Familien aus Radolfzell, alle Wassersportler, Werner Redlinger, sie waren und sind alle Unternehmer. Sie teilten seine unternehmerische Zuversicht und investierten in die Produktion am Bodensee.
So schrieb die „Gerätebau“ am 17. September 1974 an Werften und Ausrüster. Die Beschläge gebe es „zu günstigen Preisen und aus bewährtem, seewasserfestem Hydronalium“; seinerzeit verwendete Pfeiffer die in der Industrie gängige Bezeichnung für seewasserfestes Aluminium.
Der erste Katalog, damals noch ein schmales Heft, führte Alu-Klampen auf, Einfüllstutzen und Relingsfüße. Drei Jahre später gab es die erste Blockserie. Von Beginn an rollten dabei 50 Sprühflaschen-Edelstahlkugeln zwischen 57-Millimeter-Scheiben und den Alu-Wangen. Denen fräste Pfeiffer charakteristische, an eine Jeansnaht erinnernde Langlöcher entlang der Kanten. Die Blockserie lief aber aus, und heute gibt es nur noch einzelne Blöcke, passend vor allem zu den Fock- und Travellerschienen.
Der Ursprung dieser Kugel-Besonderheit beruht auf einer Kooperation. Die in die Beschlagsherstellung investierenden vier Pfeiffer-Familien besaßen damals bereits die „Ing. Erich Pfeiffer GmbH und Co. KG“, einen Betrieb für Zerstäubertechnik mit heute 700 Mitarbeitern. Exakt gefertigte Kugeln gab es also günstig. Die heute in allen übrigen Beschlägen üblichen Kugeln aus Delrin oder Torlon sind leichter, aber Gewicht war für Beschläge noch nicht so wichtig, außerdem waren und sind Kugeln und Lager auf diese Weise verschleißfrei und mit Süßwasser einfach von Salzkristallen zu befreien. Dieser Pfeiffer-Betrieb ist längst verkauft und heute Teil des Aptar-Konzerns mit 17.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 3,2 Milliarden US-Dollar. Aus demselben Betrieb in Radolfzell kommen die Kugeln aber heute noch.
Pfeiffer Marine war nicht Teil des seinerzeitigen Verkaufs. Der Betrieb skalierte während der fünfzig Jahre vergleichsweise gering, dort arbeiten heute 19 Personen. Selbst, nachdem über die Jahrzehnte der Vertrieb einiger Fremdprodukte hinzukam und der Katalog mittlerweile eineinhalb Kilogramm wiegt. Aber die Abläufe sind offenbar so schlank wie eine Lacustre-Yacht. Für diesen eleganten Typ vom Bodensee wurde übrigens eine der ersten Fallenklemmen entwickelt – „auf den schlanken Kajütaufbau passten damals nur unsere Mehrfachstopper“, erklärt Meinrad Hiller. Und im 2018 bezogenen Neubau geht es zudem ebenso smart zu wie in einer Lacustre, die Bilge ist gewissermaßen knochentrocken und sauber. Das gilt wohl auch für Umsätze und Finanzierung, aber dazu gibt es keine Angaben.
Bis zu 40 Tonnen wiegende Lkw können am Ostende des Langbaus einfahren und hinter geschlossenen Rolltoren trocken entladen werden. Sie liefern vor allem für die Fockschienen und Traveller Stangenmaterial, eigens für Pfeiffer gepresst. „Ein Werkzeug für die Strangpresse kostet etwa 8.000 bis 10.000 Euro, von solchen Werkzeugen haben wir etwa tausend Stück“, zählt Meinrad Hiller einen Teil der Investitionen auf, welche die Bandbreite der Eigenprodukte ermöglichen, „die Werkzeuge sind aber auf zwei Werke in der Region verteilt, das haben wir aus den Anfängen der Lieferungen für Bavaria Yachtbau beibehalten.“ Während der Hochzeit deren Produktion kamen bei Pfeiffer jede Woche 600 jeweils sechs Meter lange Profile an. Der mögliche Ausfall bei nur einem Pressbetrieb hätte die Fertigstellungen bei Bavaria in Giebelstadt blockiert, nicht auszudenken. Die Fertigungen für die Serienwerften gingen mit deren geringer werdenden Stückzahlen ebenfalls zurück. Trotz vieler Handelswaren machen die Eigenproduktionen heute aber noch zwei Drittel des Umsatzes aus.
Bereits im Lager kann eine eigens entwickelte Kreissäge Stangen für kürzere Bauteile halbautomatisch aufteilen. Absaugungen, sorgfältig arrangierte Abläufe und ein offensichtliches Geschick für Ordnung, Präzision und Effizienz lassen kaum glauben, dass in Moos auch umfangreiche Metall-Zerspanung stattfindet.
Zum Beispiel das aufwändige Ausfräsen der Spibaumbeschläge einen Arbeitsraum weiter: Mit Stufenbohrern wird den Gussteilen nicht benötigtes Gewicht im Zentrum entnommen. Das ist auch bei den neu entwickelten Spibaumbeschlägen so. Sie sind wesentlich kompakter, und mit den an die Stelen auf der Osterinseln erinnernden platten Nasen gelingt das Einpicken am Mast einfacher. Die Prototypen wurden erstmals nicht mit Probegüssen gefertigt, sondern mit einem industriellen Aluminium-3D-Drucker, gemeinsam angeschafft mit einem weiteren Betrieb der Pfeiffer-Familien. Das Ergebnis der Präzisionsmaschine ist optisch überzeugend und sogar einsatzbereit. „Im Moment ist das Drucken aber noch kostspieliger als der Guss mit anschließendem Ausfräsen“, beschreibt Meinrad Hiller die Kalkulation für die Serie, „doch wir haben mit dieser Fertigung sehr viel Erfahrung gewonnen und schon ein paar Ideen, wie wir den 3D-Druck an anderer Stelle bald umsetzen können.“
Dazu könnte neben Miniserien zum Beispiel der Nachbau nicht mehr lieferbarer Beschläge zählen. Den Markt kennt das Unternehmen, das Refit-Programm für Fock und Travellerschienen laufe derzeit gut, erläutert Meinrad Hiller, „dabei ersetzen wir die bisherigen Beschläge eins zu eins mit jedem beliebigen Bohrabstand.”
Viele Gebrauchtyachten hätten derzeit dieses Alter erreicht, in dem der Ersatz ansteht. „Die neuen Schienen sind zudem weit besser als die alten je waren, und die Schlitten haben nun außerdem extrem robuste und trotzdem wechselbare Gleit- oder Kugellager.“
Für die kommenden Jahre plant Meinrad Hiller außerdem eine Flurbereinigung. Sie bedeutet eine Trennung von mancher Handelsware. Nicht natürlich von Antal aus Italien und Profurl aus Frankreich – „beide bieten ja ausgesprochen hochwertige Aluminium-Beschläge an, das zählt also genau zu unserem Fachgebiet. Antal deckt ohnehin vor allem ein Längensegment ab zehn Meter Bootslänge ab, das wir mit unseren Produkten nicht mehr bedienen.“
Beendet ist dagegen der Ausflug in die Yachtelektronik, dazu zählt auch der Goldbrunner-Geschwindigkeitsmesser. Neuen Umsatz gibt es seitdem in bootsfremdem Revier. Die Ullewaeh GmbH in Lübeck etwa vertreibt variable Aufhängungen für Bewegungsparks, alle Rutscher und Schienen kommen von Pfeiffer. „Die Zertifizierung übernimmt glücklicherweise Ullewaeh“, erläutert Meinrad Hiller die Kooperation, „denn das ist wiederum nicht unser Fachgebiet. Wir machen da auch ein paar Details anders und labeln auch auf den Hersteller; verständlicherweise sind die geprüften Systemteile dort etwas teurer.“
Solche Partner wurden besonders wichtig, als 2008 die Insolvenz des Großkunden Dehler und ein Jahr darauf die Etap-Pleite neue Orientierung erforderten. Bei der aus dem „Rotkäppchen“ entstandenen Hanse-Neuheit „Varianta 18“ war Pfeiffer seinerzeit mit im Boot, aber nicht mehr beim aktuellen Neustart der Produktion am Schluchsee. „Wir können und wollen nicht jeden ruinösen Preiskampf mitmachen. Eigner können bei uns aber noch den passenden Original-Gennakerbaum der Serie aus Greifswald ordern.“
Obwohl Pfeiffer ausschließlich über Wiederverkäufer liefert, werden auch Endkunden beraten, sie müssen lediglich über die Ausrüster oder Werften ordern. „Wir liefern sehr oft einzelne Teile für Eigneryachten und beraten dabei auch eingehend. Die eigenen Produkte haben wir im Lager, oder wir bauen sie innerhalb eines Tages aus Vorstufen zusammen.“ Heute ist schnelle Lieferung nochmals wichtiger als vor Jahren, so zahlt sich aus, dass viele Beschläge einem Baukasten entsprechen. Pfeiffer hält die Bestandteile vor und produziert in Leerzeiten Halb- und Endprodukte nach.
„Unser Fachgebiet Aluminium haben wir aber auch mal verlassen“, sagt Meinrad Hiller und zeigt auf den Block „P 1000“. „Der ist komplett aus Edelstahl gefertigt, den haben wir für einen Industriekunden entwickelt, die Kugellager außen übernehmen hier nur die geringen Scherkräfte, die Hauptlast überträgt ein Walzenlager dazwischen.“ Vertriebschef Florian Steidle ergänzt „Der Block ist mit 280 Gramm etwas schwerer, aber den Seglern gefällt das Styling, und diese besonders robuste Funktionalität gibt es erst wieder bei mehrfach teureren Blöcken mit schräg liegenden Walzenlagern etwa vom Hersteller Harken.“
Explizit auf das Firmenjubiläum hin gibt es keine Neuheiten, aber Meinrad Hiller liefert einen kleinen Ausblick. „Vor etwa 35 Jahren wurde die sehr an IOR-Zeiten erinnernde Blockserie wieder eingestellt, seitdem gibt es nur noch einzelne Blöcke, passend etwa für die Schienen und Rutscher.
Manche Neuerung fand offenbar nur begrenzt Anklang unter Seglern, dazu zählt die „selbstauslösende Schotklemme“, die 1986 aber lediglich kurz ins Programm kam. Auch das „Surf Skiff“, ein Rudergerät zum Aufsetzen aufs Surfbrett, war kaum von Absatzerfolg gekrönt. Andere Produkte überdauerten die gesamten fünfzig Jahre: „Wir haben ein paar Klampen und Poller im Programm, die waren auch schon im ersten oder zweiten Katalog enthalten.“
Segelrevier Rügen: 14 Häfen und Ankerplätze für einen spannenden und Törn um die Insel. Inklusive Abstechern nach Hiddensee und an die Küste.
Liqui Moly hat einen neuen „Marine Detailer“ vorgestellt – also ein Spray, das den Lack versiegelt und ihm frischen Glanz verleiht.
17 Jahre nach seiner Premiere hat der Jörg Riechers sein 2. Figaro mit gemischter Bilanz beendet. Die Erkenntnis: "Du musst mehr im Mainstream bleiben."
YACHT – Alles rund ums Segeln ist Teil der Delius Klasing Verlag GmbH